Aller Anfang ist schwer, wenns doch ne Mordsgaudi wär!

denkt der Anfänger und entdeckt, dass es im Berliner Abrudern `24 steckt.

                   Team Lumpi: Markus, Elisabeth, Paula, Dieter (Energie), Dieter, Thomas (Hellas-Titania)

Es ist ein sonniger Herbstmorgen über der Köpenicker Altstadt, etwas frisch.

Als Elisabeth, Markus und Paula am Bootshaus vom SV Energie um die Ecke biegen, liegen ein paar Fahrten als Anfänger hinter ihnen. Doch „Voraus“ wartet nun eine unbekannte Ruderwelt: Erstmals Langstrecke und die Große Umfahrt rudern, und das bei ihrer Einführung in den Kult des Berliner Abruderns.

Doch zunächst erwartet sie eine bunt gemischte Gesellschaft mit vielen Energie- und einigen Gastruderern; plauschend auf Bänken im Schatten der Bäume und auf der sonnigen Rampe. Nach einigen sympathischen Begrüßungen gelangen sie mitten ins Treiben: Abruderer mit Anfängern komplett. Im Getümmel treffen sie auf Alt-Abruderer von Hellas-Titania, die mit ihnen und Ausbilder Dieter nur allzu gern Team „Lumpi“ bilden. Immerhin gab es ja auch die Titanen vor Jahren die erste Teilnahme von Energie aus. Sympathie untereinander ist gleich da, Vereinsgrenzen adieu – nur das Rudern zählt. So bleibt die Frage: Wann geht’s los? Große Umfahrt im 6er Lumpi heißt es da zwischendurch. Auch die übrigen Teams nennen kurz ihre Routen.

Im Licht vorbei ruderender Boote setzt eifriges Treiben ein: Aufbruch! Viele packen bei „Lumpi“ an und bringen ihn rasch zu Wasser. Doch erst nach erforderlichem Umbau legt das Team im nun ruderfertigen Boot ab. Draußen geht ein flüchtiger Blick zur Langen Brücke „durch diese Bögen werden wir kommen, heut abend“. Und dann folgt die Wende in Gegenrichtung zur Müggelspree: „Alles vorwärts, los!“

Nach wenigen Metern wartet ne Marotte. Da gehts „Steu über“ in die Alte Spree, ein kleiner Umweg – aber heute gilt ja „sportlich gemütlich statt zack, zack“.

Zwischen Baumgarteninsel, Hecks vertäuter Angelkähne sowie Gestrüpp und Stegen am anderen Ufer gleitet das Boot ruhig vorüber. Ein Graureiher setzt hinterm Heck zur Landung an, von den Anfängern fast unbemerkt. Die rudern merklich konzentriert. Einmal ruckts. „Lang in die Auslage“ lautet Dieters knappe Botschaft. So korrigierend meldet er sich selten, aber bis zur Rückkehr abends immer mal wieder zu Wort.

Auf der Müggelspree gehts vom grellen Sonnenlicht hinein in den Schatten des Herbstwaldes von Friedrichshagen. Bis auf wenige Worte der beiden Dieters bleibt das übrige Team wortkarg. Nur bei den ersten „Krebsen“ gibts ein bisschen Geschaufe, Geruckel und gelassene Reaktionen „na, jehts wieda?“ Als ein Vierer in Reichweite kommt, tönen plötzlich Worte hin und her über die Spree. Ne typische Kommunikation halt, is doch keene fromme Andacht hier.

Der nächste Vierer macht gerade beim FRV Pause. Bei dem Anblick meldet sich ne innere und auch äußere Stimme „es ist dringend“. Nach ein paar knappen Worten läuft Lumpi dann auch schon bei Ägir am Steg ein. Rücksicht aufs Team und das Anlegen bei Vereinen gehören eben auch dazu. Am Steg springt und flitzt der Altabruderer mit der inneren Stimme – keine Ahnung, wer das war - auf und davon.

Nach kurzer Pause geben vorüber rudernde Vierer und Achter das Zeichen zum ablegen: Los, hinterher! Im Heckwasser gehts über den Müggelsee. Kein Wind, keine berüchtigten Wellen. Bald findet sich Lumpi in der Weite des Sees

und einer breit gestreuten Ruderflotte mit Abruderern wieder. Einige kommen aus Rahnsdorf „Ahoi!“ entgegen. Alle begleitet das grelle Sonnenlicht über dunklen Müggelbergen im Dunst.

Auf Rahnsdorfer Seite besprechen Schlag- und Steuermann den Kurs um die Bojen des Naturschutzgebiets. Dann gehts in den engen Spreekanal und eine kleinräumige Welt mit viel Grün geht. Zwischen Hütten und manch nobler Bude kündigt sich bald der RC Luftfahrt an: Stauende Ruderboote sowie reges An- und Ablegen.

Alle pausieren hier gern auf der kleinen Feier zum Abrudern. Schwupp di wupp hat Team Lumpi das Boot zu Land gebracht und ein Plätzchen im Schatten ergattert, inmitten anderer Ruderteams. Ein fröhliches „Hallooo“ macht die Runde. Neben der Feuerstelle mit nem Kessel leckerer Kartoffelsuppe gehts an die Stärkungen: Getränke holen, witzeln mit dem Tresendienst, bettelnd zum Kuchen schauen und schließlich Kartoffelsuppe futtern. In lockerer Atmosphäre kommt nun das Gespräch mit den Anfängern in Schwung – dabei Mitgefühl für nen talentlosen Rasierer und Pflaster. Heuchelei? Wer will das schon wissen...

Wieder auf der Spree „Neu-Venedigs“ kommen die Ruderschläge etwas zäher. „Lang“ erinnert Dieter nun desöfteren, auch an Alt-Abruderer adressiert. Uff, nun ziehts im Körper, der Schweiß fließt besonders im Gosener Kanal. Da kommt erfrischende Kühle auf dem Seddinsee gerade recht. Mit mehr Schwung zieht Team Lumpi nun bis zum E.S.V. Schmöckwitz durch, wo der Höhepunkt wartet: Die große Ruderfeier.

Der Empfang beginnt mit Musik, die weit übers Wasser schwingt. Mit jedem Ruderschlag mehren sich dann die Boote - ankommende, wartende, abfahrende. „Ohne Kraft“ gleitet Lumpi schließlich an den Steg, wo E.S.V. Ruderer uns empfangen: Hurra, wir sind da! Auf der Rampe vor dem Bootshaus wimmelt es von Ruderern, die sich kreuz und quer unterhalten. Kunterbunt. Die Krönung des herzlichen Empfangs wartet wie immer unter einem kleinen Zelt in Gestalt von Gaby und einigen Getränken. Na denn Prost.

                             

Und nun gehts rein in die Feier. Den Hof im Schatten der Kastanien erfüllen wieder viele Rudererteams, ein Gewirr von Stimmen. Musik und der Duft von Gegrillten dringt ebenfalls durch die Luft. Alle Bänke voll? Egal. Wir quetschen uns einfach zu anderen Teams hinzu. Natürlich besorgen wir erstmal was zu trinken und zu futtern, bevor in den Plausch mit den anderen einsteigen. Die haben ja auch ne Menge zu erzählen. Und so gehen die Stunden dahin.

Als das Abendlicht die Dahme immer mehr flutet wirds Zeit zur Rückfahrt. Um etwas Zeit zu schinden, verbummelt so mancher Altabruderer was. Das findet sich dann plötzlich unten im Kentersack wieder: „Aha, ich wußte doch, dass ichs habe“. So steigt Team Lumpi wieder ins Boot und verabschiedet sich mit gutem Gefühl von der Ruderfeier „Bis zum nächsten Jahr. Danke E.S.V.“

Auf der Dahme rudert Team Lumpi nun in eine abendliche Herbstimmung. In niedrigen Wellen schimmert der blasse rötliche Kegel der letzten Sonnenstrahlen. Vereinzelt ziehen Ruderboote in dunstiger Ferne ihre Bahn. Die Welt an Land verdunkelt sich zusehends. Von den Häusern dringen langsam die Lichter herüber, während sich über dem Wald die Nachtstille ausbreitet. Als es im Boot wieder gesprächiger wird, die Schläge kürzer, schaltet sich Dieter wieder ein: „Lang“. Verflixt, woran merkt er das? Egal, sportlich fordernd soll es ja auch sein. Doch selbst jetzt ist bei den Anfänger so gut wie keine Ermüdung spürbar. Donnerwetter.

Und so legt „Lumpi“ schließlich mit einem putzmunteren Team wieder bei Energie an. Das Boot findet sich entsprechend flott in der Halle wieder. Irgendwie glücklich fühlt sich die Stimmung im Team jetzt an. Kurzer Blick auf die Dahme und zur Altstadt in der Dunkelheit: War wieder ein tolles Abrudern.

Doch es ist noch nicht zuende! Dieter lädt das Team noch zu einem Umtrunk in den Tresenraum ein, dem alle gern folgen. Hier beginnt eine ungeahnte Dynamik. Am Tisch in der Mitte bleibts erstmal wortkarg. Doch Dieter bringt alles irgendwie in Schwung mit Worten und Getränken. Peu á peu gesellen sich Moni, Stefan und Georg hinzu. Die Worte mehren sich und bald erfüllt eine Wolke von Stimmen den Raum. Die Anfänger? Sind nicht mehr erkennbar. Strahlende Augen, Geschnatter kreuz und quer. Eine fantastische Atmosphäre: „Ein ewiger Moment“ durchfährt es mich. Wahnsinn! Wen interessiert an so einem Tag noch, ob aller Anfang schwer ist?

Weitere Bilder sind in einer Galerie zusammengestellt (vielen Dank an Georg, Dominic und Thomas!)